T 1603/20 07-11-2023 | Epo.org (2024)

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Dokument D14, Zulassung

2. Das Dokument D14 offenbart experimentelle Daten. Es wurde von der Beschwerdeführerin im Einspruchsverfahren vorgelegt, und zwar lediglich zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung. Die Einspruchsabteilung hat das Dokument nicht ins Verfahren zugelassen. Sie hat dies damit begründet, dass es verspätet vorgelegt worden sei, und es der Patentinhaberin daher nicht mehr möglich gewesen sei, die Experimente zu verifizieren. Zudem hat die Abteilung festgestellt, dass die beschriebenen Versuche auch prima facie nicht relevant seien.

3. Die Beschwerdeführerin widersprach dieser Auffassung. Ihrer Ansicht nach sei nicht überzeugend, dass die Beschwerdegegnerin die Richtigkeit der mit dem Dokument D14 vorgelegten Experimente nicht prüfen konnte. Zwar habe sie selbst vorgebracht, dass benötigte Substanzen zur Durchführung der Versuche zunächst nicht marktverfügbar gewesen seien. Allerdings hätten sie der Beschwerdegegnerin ja vorliegen müssen. Zudem habe der Beschwerdegegnerin zumindest bis zum Abfassen ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, Versuche gegebenenfalls nachzuarbeiten.

Auch sei prima facie Relevanz gegeben. Gemäß der unabhängigen Ansprüche 1 bis 3 des Hauptantrags könne die anspruchsgemäße Zubereitung nämlich auch weitere Bestandteile enthalten. Insbesondere möglich sei neben der Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von kleiner als 1000 kg/mol gerade auch die Anwesenheit an Hydroxypropylcellulose mit einem höheren Molekulargewicht, und dies in beliebiger Menge. Im Dokument D14 werde gezeigt, dass gerade mit solchen - ebenfalls anspruchsgemäßen - Zubereitungen keine Verringerung der Röllchenbildung erzielt werden könne. Dadurch werde mangelnde Ausführbarkeit nachgewiesen.

4. Die Kammer schließt sich der Argumentation der Beschwerdeführerin aus folgenden Gründen nicht an:

4.1 Gemäß Artikel 12(6) VOBK lässt die Beschwerdekammer Beweismittel nicht zu, die in dem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, nicht zugelassen wurden, es sei denn, die Entscheidung über die Nichtzulassung war ermessensfehlerhaft oder die Umstände der Beschwerdesache rechtfertigen eine Zulassung.

4.2 Die Entscheidung der Einspruchsabteilung war nicht ermessensfehlerhaft. Vielmehr hat die Einspruchsabteilung das ihr unter Artikel 114(2) EPÜ zugestandene Ermessen korrekt ausgeübt. Die Entscheidung, das Dokument nicht ins Verfahren zuzulassen erfolgte nämlich weder nach Maßgabe der falschen, oder unter Nichtbeachtung der richtigen Kriterien, noch in willkürlicher bzw. unangemessener Weise (siehe Punkt 2.2 der Entscheidungsbegründung).

4.3 Insbesondere hat die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung zunächst korrekt dargelegt, dass das Vorlegen des Dokuments D14 nach der gemäß Regel 116 EPÜ gesetzten Frist erfolgte, und damit verspätet war.

4.4 Sodann hat die Einspruchsabteilung dargelegt, dass das verspätete Vorbringen lediglich mit einer schlechten Marktverfügbarkeit der Ausgangsstoffe einerseits begründet worden war, und andererseits damit, dass die Notwendigkeit für die Durchführung der im Dokument D14 offenbarten Versuche erst mit Vorlage des Dokuments D12 durch die Beschwerdegegnerin deutlich geworden sei. Sie hat hierzu nachvollziehbar erläutert, warum diese Gründe nicht überzeugten, nämlich insbesondere weil nach Vorlage von D12 genügend Zeit zur Verfügung gestanden habe, um zusätzliche Versuche rechtzeitig einzureichen. Zudem sei der Beschwerdegegnerin nicht zuzumuten, innerhalb von zwei Tagen auf die experimentellen Daten zu reagieren. Dies treffe insbesondere deshalb zu, weil ja bereits von der Beschwerdeführerin selbst Probleme mit der Marktverfügbarkeit der Ausgangsstoffe geltend gemacht worden waren.

4.5 Die Einspruchsabteilung hat weiterhin dargelegt, dass die im Dokument beschriebenen Versuche ihrer Ansicht nach prima facie nicht relevant seien. Dies hat sie damit begründet, dass sich die Versuche auf nicht realistische Ausführungsformen bezögen. In den untersuchten Zusammensetzungen werde nämlich ein unerwünschter Gelbildner auf Kosten des gewünschten Gelbildners in erheblichem Überschuss eingesetzt. Solch eine kombinierte Anwendung von Hydroxypropylzellulosen habe keine Grundlage in der Anmeldung. Auch ließen die Versuchsergebnisse keine Beurteilung einer Reduzierung der Röllchenbildung zu, da lediglich allgemein bewertet wurde, ob eine Röllchenbildung stattfinde, oder nicht.

4.6 Die Kammer sieht auch keine Umstände der Beschwerdesache, die eine Zulassung des Dokuments D14 zum gegenwärtigen Zeitpunkt rechtfertigen.

4.7 Die Beschwerdeführerin hat im Beschwerdeverfahren keine über das im Einspruchsverfahren hinausgehenden Erläuterungen vorgebracht, auf welche konkreten Probleme sie bei der Beschaffung von für die durchgeführten Versuche benötigten Ausgangsstoffen gestoßen ist. Zudem kann die Kammer auch keinen Grund dafür erkennen, warum sich erst durch das von der Beschwerdegegnerin eingereichte Dokument D12 die Notwendigkeit ergeben haben soll, die im Dokument D14 beschriebenen Versuche durchzuführen und vorzulegen. Die Beschwerdegegnerin hat sich auf Dokument D12 gestützt, um ihre Argumentation in Bezug auf das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit zu untermauern (siehe Punkt ii) auf Seite 3 des Schriftsatzes der Beschwerdegegnerin vom 21. Juni 2019). Dahingegen stützt sich die Beschwerdeführerin auf Dokument D14, um mangelnde Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung zu belegen. Dieser Einwand wurde ihrerseits jedoch bereits zu Beginn des Einspruchsverfahrens vorgebracht. Die Argumentation der Beschwerdeführerin überzeugt daher nicht.

4.8 Des Weiteren ist das Dokument auch prima facie nicht relevant. Die darin offenbarten Zubereitungen 1 und 2 werden hinsichtlich Röllchenbildung beide mit "Yes" beurteilt. Eine Quantifizierung der Röllchenbildung findet nicht statt. So kann dem Dokument nicht entnommen werden, inwiefern, bzw. durch welche konkreten Maßnahme eine Änderung, insbesondere eine Verringerung der Röllchenbildung hervorgerufen wird, oder nicht. Gemäß der Ansprüche 2 und 3 des Hauptantrags werden jedoch ein Verfahren zur Reduzierung der Röllchenbildung bzw. eine Verwendung bestimmter Alkohole zur Reduzierung der Röllchenbildung beansprucht. Keiner der Ansprüche erfordert, dass überhaupt keine Röllchenbildung auftritt. Da das Dokument D14 aber keine Beurteilung über eine Verringerung der Röllchenbildung offenbart, kann das Dokument D14 gar nicht dazu dienen, die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argumentation bezüglich eines Mangels an Ausführbarkeit zu stützen.

4.9 Die Kammer lässt das Dokument D14 daher nicht ins Verfahren zu (Artikel 12(6) VOBK).

Hauptantrag (von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltene Fassung)

5. Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)

5.1 Die Einspruchsabteilung hat den Einspruchsgrund der mangelnden Ausführbarkeit verworfen.

5.2 Im Beschwerdeverfahren hielt die Beschwerdeführerin ihren Einwand aufrecht. Sie argumentierte im Wesentlichen, dass die Zugabe einer Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von kleiner als 1000 kg/mol zu einer gelförmigen kosmetischen Zubereitung nicht zwangsläufig zu einer Reduzierung der Röllchenbildung beim Verreiben der Zubereitung auf der Haut führe. Dies könne nämlich insbesondere dann nicht erreicht werden, wenn die Zubereitung bereits Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von mehr als 1000 kg/mol aufweise.

5.3 Die Beschwerdeführerin zweifelte auch die Aussagekraft der im Dokument D12 offenbarten Versuche der Beschwerdegegnerin an. Keine der darin angeführten Zubereitungen entspreche einer anspruchsgemäß definierten, da die Gesamtmenge an Fettalkohol jeweils geringer sei als der anspruchsgemäße Bereich von 2,5 bis 7,5 Gewichts-%.

5.4 Schließlich argumentierte die Beschwerdeführerin, dass im Streitpatent selbst lediglich Ergebnisse von Zubereitungen offenbart seien, die Cetylalkohol enthielten. Weitere Versuche zum Beleg einer auf die anderen anspruchsgemäßen Fettalkohole Cetearylalkohol und Myristylalkohol zurückzuführenden technischen Wirkung seien nicht offenbart. Daher sei der beanspruchte Gegenstand zumindest nicht über die gesamte Anspruchsbreite ausführbar.

5.5 Die Argumentation der Beschwerdeführerin überzeugt nicht. Die Kammer schließt sich aus folgenden Gründen der Beurteilung durch die Einspruchsabteilung an:

5.5.1 Anspruch 1 des Hauptantrags bezieht sich auf eine gelförmige kosmetische Zubereitung, die die Bestandteile a) bis d) enthält, wobei der Bestandteil d), i.e. wenigstens einer der genannten Fettalkohole, mit einem Anteil von 2,5 bis 7,5 Gewichts-% des Gesamtgewichts der Zubereitung enthalten ist. Damit die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt werden, muss der Fachmann in der Lage sein, eine derartige Zubereitung herzustellen. Hierzu stehen ihm sowohl die Angaben des Streitpatents selbst, als auch sein allgemeines Fachwissen zur Verfügung.

5.5.2 Im Streitpatent, insbesondere in den Beispielen, wird offenbart, dass die Herstellung anspruchsgemäßer Zubereitungen möglich ist. Auch Dokument D12 stützt diese Feststellung. Selbst wenn die Menge des verwendeten Fettalkohols (Cetearylalkohol) in den im Dokument D12 offenbarten Beispielen 7 und 8 tatsächlich unterhalb des anspruchsgemäß geforderten Bereichs liegt, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht und was augenscheinlich durch Dokument D2 bestätigt wird, wurde von der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht, warum eine weitere Erhöhung des Anteils an Fettalkohol für den Fachmann mit unüberwindbaren Hindernissen verbunden wäre, die ihn daran hindern würden, eine beanspruchte Zubereitung herzustellen. Ebenso wurde von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht oder gar nachgewiesen, warum der Fachmann nicht auch in der Lage sein sollte, statt Cetylalkohol auch unter Verwendung der beiden anderen im Anspruch genannten Fettalkohole beanspruchte Zubereitungen herzustellen.

5.5.3 Der Fachmann wird daher bereits durch die Angaben des Streitpatents selbst in die Lage versetzt, Zubereitungen gemäß Anspruch 1 herzustellen.

5.5.4 Der unabhängige Anspruch 2 bezieht sich auf ein Verfahren zur Reduzierung der Röllchenbildung beim Verreiben einer gelförmigen kosmetischen Zubereitung auf der Haut. Das beanspruchte Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass einer anspruchsgemäß definierten Zubereitung bestimmte Fettalkohole zugesetzt werden.

5.5.5 Um das beanspruchte Verfahren ausführen zu können, muss der Fachmann zunächst eine gelförmige kosmetische Zubereitung herstellen können, die die genannten Bestandteile enthält. Wie vorstehend dargelegt, ist dies der Fall. Aus den in den Absätzen [0041] und [0042] der Beschreibung des Streitpatents beschriebenen Versuchen geht zudem hervor, dass die Zugabe des Fettalkohols Cetylalkohol die Neigung zur Röllchenbildung reduziert. Somit offenbart das Streitpatent selbst ein Beispiel dafür, dass das Verfahren gemäß Anspruch 2 ausführbar ist.

5.5.6 Dass auch durch Zugabe eines der anderen im Anspruch genannten Fettalkohole ein derartiges Ergebnis erzielt werden kann, wurde von der Beschwerdeführerin zwar in Frage gestellt, jedoch wurden keine Argumente oder gar Nachweise vorgebracht, warum dies nicht der Fall sein sollte. Zudem handelt es sich, wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht, bei den genannten Alkoholen um strukturell ähnliche Verbindungen. Auch die Kammer kann keine Gründe erkennen, warum die im genannten Beispiel der Beschreibung angegebene Wirkung nicht auch durch die beiden anderen anspruchsgemäßen Fettalkohole auftreten sollte.

5.5.7 Der Fachmann wird somit in die Lage versetzt, den Gegenstand des Anspruchs 2 nachzuarbeiten.

5.5.8 Der unabhängige Anspruch 3 bezieht sich auf die Verwendung bestimmter Fettalkohole zur Reduzierung der Röllchenbildung beim Verreiben einer gelförmigen kosmetischen Zubereitung, die bestimmte, im Anspruch angegebene Bestandteile enthält.

5.5.9 Auch hierzu zeigt insbesondere das in den Absätzen [0041] und [0042] des Streitpatents offenbarte Beispiel, dass die beanspruchte Verwendung nacharbeitbar ist. Aus den vorstehend genannten Gründen ist nicht davon auszugehen, dass die anspruchsgemäße technische Wirkung unter Verwendung der beiden anderen anspruchsgemäßen Fettalkohole nicht erreicht wird.

5.5.10 Daher wird auch der Gegenstand von Anspruch 3 im Streitpatent für den Fachmann ausführbar offenbart.

5.5.11 Die Argumentation der Beschwerdeführerin bezieht sich teilweise darauf, dass bei Anwesenheit von Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von mehr als 1000 kg/mol in den kosmetischen Zubereitungen eine Reduzierung von Röllchenbildung nicht erreicht werden könne.

5.5.12 Die Zugabe derartiger Verbindungen zum Erreichen einer bestimmten technischen Wirkung wird jedoch anspruchsgemäß nicht gefordert. Für die Frage der Ausführbarkeit ist im vorliegenden Fall zunächst lediglich erforderlich, dass anspruchsgemäß definierte Zubereitungen hergestellt und verwendet werden können. Zwar sind diese Zubereitungen, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, nicht auf solche beschränkt, die lediglich die im Anspruch angeführten Bestandteile aufweisen, jedoch überzeugt die Argumentation der Beschwerdeführerin deshalb nicht, weil zunächst nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Fachmann Ausführungsformen bereitstellen sollte, die eine beabsichtigte technische Wirkung nicht hervorrufen. Insbesondere nicht, weil derartige Ausführungsformen im Streitpatent nicht vorgeschlagen werden. Er müsste lediglich keine Verbindungen zusetzen, die anspruchsgemäß nicht erforderlich sind. Dadurch würde er augenscheinlich zu Ausführungsformen gelangen, die ausführbar sind, wie durch die streitpatentgemäßen Beispiele gezeigt wird.

5.5.13 Die Beschwerdeführerin hat im Weiteren vorgebracht, dass mangelnde Ausführbarkeit auch durch die experimentellen Nachweise des Dokuments D12 gezeigt werde. Ein Vergleich der darin offenbarten Zubereitungen zeige nämlich, dass eine Reduktion der Röllchenbildung nicht durch die Zugabe eines anspruchsgemäßen Fettalkohols hervorgerufen werde, sondern durch die Anwesenheit einer Hydroxypropylcellulose des Typs "MF Pharm" mit einer Molekularmasse von weniger als 1000 kg/mol, statt des Typs "H CS" mit einer Molekularmasse von mehr als 1000 kg/mol. In den Ansprüchen 2 und 3 werde die beanspruchte Wirkung jedoch den genannten Fettalkoholen zugeschrieben, bezüglich der Rolle der Molekularmasse der Hydroxypropylcellulosen schwiegen sich jedoch aus. Daher enthielten die Ansprüche 2 und 3 nicht alle erfindungswesentlichen Merkmale.

5.5.14 Auch dieses Vorbringen überzeugt nicht.

Aus Dokument D12 lässt sich keine Aussage entnehmen bezüglich eines Zusammenhangs zwischen der Anwesenheit eines der im Anspruch angeführten Fettalkohole und der Neigung zur Röllchenbildung. Beide der in D12 offenbarten Zubereitungen enthalten nämlich dieselbe Menge desselben Alkohols. Sie unterscheiden sich lediglich in der Molekularmasse der verwendeten Hydroxypropylcellulosen. Insbesondere kann dem Dokument daher auch nicht entnommen werden, dass die Zugabe des genannten Alkohols zu einer die verbleibenden Bestandteile enthaltenden Zubereitung nicht dazu führt, dass die Röllchenbildung verringert wird. Vielmehr zeigt ein Vergleich der beiden Zubereitungen, dass eine Verringerung der Röllchenbildung erreicht wird durch Austausch der Hydroxypropylcellulose des Typs "H CS" durch eine des Typs "MF Pharm". Dieser Zusammenhang kann jedoch nicht die Behauptung der Beschwerdeführerin stützen, dass der Fachmann das Verfahren gemäß Anspruch 2, oder die Verwendung gemäß Anspruch 3, nicht nacharbeiten kann. Vielmehr lässt sich aus dem Vergleich der beiden Beispiele lediglich folgern, dass zur Reduktion von Röllchenbildung auch andere Faktoren geeignet sind, nämlich beispielsweise die Molekularmasse der verwendeten Hydroxypropylcellulose. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Zusammenhang im Laufe der mündlichen Verhandlung bestätigt.

5.6 Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente sind daher insgesamt nicht geeignet, einen Mangel an Ausführbarkeit aufzuzeigen. Der vorliegende Hauptantrag erfüllt die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ.

6. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

Das Streitpatent

6.1 Das Streitpatent beschäftigt sich mit gelförmigen kosmetischen Zubereitungen zum Schutz der Haut vor den Effekten von Sonnenstrahlung. Sie beschäftigt sich insbesondere mit transparenten Gelen auf Wasser- oder Alkoholbasis, die mit Zellulosederivaten verdickt werden. In der Beschreibung wird auf die Problematik der beim Auftragen und Verreiben der Sonnenschutzgele auf der Haut auftretenden Röllchenbildung verwiesen (siehe die Absätze [0001], [0005] und [0006]). Zur Verringerung dieses Effekts werden anspruchsgemäß Zubereitungen vorgeschlagen, die neben Alkohol und UV-Filtern auch Hydroxypropylcellulose mit einer Molekularmasse von weniger als 1000 kg/mol, sowie einen oder mehrere ausgewählte Fettalkohole in einer Menge von 2,5 bis 7,5 Gewichts-% enthalten. Beansprucht wird zudem ein Verfahren zur Reduzierung der Röllchenbildung auf der Haut, und die Verwendung eines oder mehrerer ausgewählter Fettalkohole zur Reduzierung der Röllchenbildung beim Verreiben einer gelförmigen kosmetischen Zubereitung auf der Haut.

Nächstliegender Stand der Technik

6.2 In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung erfinderische Tätigkeit ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D4 als nächstliegendem Stand der Technik anerkannt. Von der Beschwerdeführerin wurde im Beschwerdeverfahren auch Dokument D13 als alternativer nächstliegender Stand der Technik herangezogen. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin nicht beanstandet.

6.3 Die Dokumente D4 und D13 eignen sich prinzipiell beide als nächstliegender Stand der Technik. Sie beschäftigen sich mit kosmetischen Zubereitungen, insbesondere Sonnenschutzmitteln, und thematisieren die Problematik der Röllchenbildung (D4: siehe die Absätze [0009], [0012] und [0063] sowie die Beispiele 1 bis 6, 7 und 10; D13: siehe die Zeilen 4 und 5 sowie 26 bis 30 der Seite 1 sowie die Beispiele der Seiten 16 bis 18).

Anspruch 1 - Gelförmige kosmetische Zubereitung

6.4 Dokument D4 als nächstliegender Stand der Technik

Unterscheidungsmerkmal

6.4.1 Im Dokument D4 werden in den Beispielen 7 und 10 Zubereitungen in Form von Emulsionen offenbart, die neben Ethanol und mehreren UV-Filtern auch Cetearylalkohol enthalten. Im Gegensatz zu der in den Zubereitungen gemäß Anspruch 1 enthaltenen "Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von kleiner als 1000 kg/mol" enthalten sie als Verdickungsmittel jedoch entweder "Carbomer" (Beispiel 7), oder "Acrylates/C10-30 Alkyl Acrylat Crosspolymer" (Beispiel 10). Dies war unstrittig zwischen den Parteien.

6.4.2 Von der Beschwerdegegnerin war im schriftlichen Verfahren zunächst vorgebracht worden, dass es sich bei den Zubereitungen gemäß der Beispiele 7 und 10 zwar um Emulsionen, nicht aber zwingend auch um gelförmige Zubereitungen handle. Für die vorliegende Entscheidung ist jedoch nicht relevant, ob es sich hierbei um ein weiteres Unterscheidungsmerkmal handelt, da erfinderische Tätigkeit bereits unter Berücksichtigung der Natur des Verdickungsmittels vorliegt. Daher kann unberücksichtigt bleiben, ob es sich bei den Zubereitungen der Beispiele 7 und 10 des Dokuments D4 um gelförmige Zubereitungen handelt, oder nicht.

Technische Aufgabe

6.4.3 Strittig zwischen den Parteien war, welche technische Wirkung durch das Unterscheidungsmerkmal des unterschiedlichen Verdickungsmittels hervorgerufen wird, und wie die objektive technische Aufgabe zu definieren ist.

6.4.4 Die Beschwerdeführerin brachte vor, es lägen keine ausreichenden Nachweise dafür vor, dass die Anwesenheit von "Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von kleiner als 1000 kg/mol" zu einer besonderen technischen Wirkung führe. Sie begründete diese Ansicht damit, dass zunächst im Streitpatent selbst keine Beispiele offenbart würden, die eine auf dieses Unterscheidungsmerkmal zurückgehende technische Wirkung glaubhaft machen könnten. Vielmehr gehe aus dem Streitpatent, Absatz [0042], hervor, dass auch Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von kleiner als 1000 kg/mol enthaltende Zubereitungen zu Röllchenbildung neigten.

6.4.5 Auch das von der Beschwerdegegnerin herangezogene Dokument D12 könne dies nicht leisten, da die darin offenbarten Versuche nicht anspruchsgemäß seien. Die untersuchten Zusammensetzungen enthielten nämlich lediglich 1,95 Gewichts-% des Fettalkohols Cetearylalkohol, wohingegen anspruchsgemäß ein Anteil von zwischen 2,5 und 7,5 Gewichts-% nötig sei. Zudem würden im Dokument D12 Vergleiche angestellt zum Dokument D1. Hierbei handle es sich jedoch um Stand der Technik gemäß Artikel 54(3) EPÜ, und somit nicht um den nächstliegenden Stand der Technik. Die Versuche seien daher nicht aussagekräftig.

6.4.6 Zudem beschreibe Dokument D12 lediglich Versuche unter Verwendung von Zubereitungen, die Cetearylalkohol enthielten. Beansprucht seien hingegen auch Zubereitungen, die alternativ Cetylalkohol oder Myristylakohol enthielten. Keinerlei Versuche unter Verwendung dieser Alkohole lägen vor. Eine technische Wirkung könne deshalb nicht geltend gemacht werden.

6.4.7 Deshalb könne die zu lösende technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung alternativer Zubereitungen gesehen werden.

6.4.8 Von der Beschwerdegegnerin wurde argumentiert, das Unterscheidungsmerkmal der Anwesenheit einer "Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von kleiner als 1000 kg/mol" führe dazu, dass eine Reduzierung von Röllchenbildung erreicht werde, und zwar insbesondere in Kombination mit wenigstens einem der anspruchsgemäßen Fettalkohole. Dies werde durch Dokument D12 nachgewiesen.

6.4.9 Daher sei die gelöste technische Aufgabe in der Bereitstellung von verbesserten Zubereitungen zu sehen, deren Anwendung sich durch eine reduzierte Röllchenbildung gegenüber den Gelen des Dokuments D4 auszeichne.

6.4.10 Die Kammer schließt sich der Argumentation der Beschwerdegegnerin an.

6.4.11 Korrekt ist zwar das Vorbringen der Beschwerdeführerin dahingehend, dass das Streitpatent selbst, obwohl es die reduzierte Röllchenbildung als Aufgabe erwähnt, keine experimentellen Daten enthält, aus denen eine durch das Unterscheidungsmerkmal der verwendeten Hydroxypropylcellulose hervorgerufene besondere technische Wirkung hervorgeht. Jedoch überzeugen die Ergebnisse des Dokuments D12.

6.4.12 Im Dokument D12 werden nämlich zwei Zubereitungen hinsichtlich ihrer Neigung zur Bildung von Röllchen nach dem Verreiben auf der Haut beurteilt. Die beiden untersuchten Zubereitungen unterscheiden sich lediglich in der verwendeten Hydroxypropylcellulose. Die Zubereitung 7 enthält "Hydroxypropylcellulose MF Pharm", die Zubereitung 8 enthält "Hydroxypropylcellulose H CS". Gemäß Dokument D11 handelt es sich hierbei um Polysaccharide mit einer Molekularmasse von 850 kg/mol bzw. 1150 kg/mol. Damit liegt die in Zubereitung 7 verwendete "Hydroxypropylcellulose MF Pharm" mit 850 kg/mol im anspruchsgemäßen Bereich, während die in Zubereitung 8 verwendete "Hydroxypropylcellulose H CS" mit 1150 kg/mol außerhalb. Im Ergebnis wird im Dokument D12 die Zubereitung 7 hinsichtlich der auftretenden Röllchen besser bewertet.

6.4.13 Von der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, dass aus den Ergebnissen des Dokuments D12 kein für die beanspruchte Zubereitung relevanter technischer Effekt ableitbar sei, weil keine der beiden im Dokument D12 untersuchten Zubereitungen anspruchsgemäß sei. Sie enthielten jeweils zu wenig Fettalkohol.

6.4.14 Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist lediglich dahingehend zuzustimmen, dass beide Zubereitungen weniger Cetearylalkohol aufweisen als die anspruchsgemäß geforderte Menge von 2,5 bis 7,5 Gewichts-%. Sie enthalten nämlich 3 Anteile einer Mischung aus "Cetearyl Alcohol + Dicethyl Phosphate + Ceteth-10 Phosphate". Diese Mischung enthält lediglich ca. 65% Cetearylalkohol (siehe Dokument D2). Die beiden Zubereitungen enthalten daher nur ca. 1,95 % an Cetearylalkohol. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.

6.4.15 Jedoch lässt dies nicht den Schluss zu, dass die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte technische Wirkung nicht auch dann auftritt, wenn ein etwas höherer Gehalt an Cetearylalkohol verwendet wird. Zwar wurde von der Beschwerdeführerin das Gegenteil behauptet, jedoch hat sie diese Behauptung nicht mit weiteren Ausführungen, oder gar experimentellen Nachweisen untermauert. Auch die Kammer sieht keinen Grund, warum die Ergebnisse nicht auch auf Zubereitungen übertragbar sein sollten, die einen höheren, anspruchsgemäßen Gehalt an Cetearylalkohol aufweisen.

6.4.16 Von der Beschwerdeführerin wurde im Weiteren vorgebracht, dass die Versuche gemäß Dokument D12 lediglich eine technische Wirkung gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 belegen sollten. Daher seien sie in Bezug auf D4 als nächstliegendem Stand der Technik nicht aussagekräftig.

6.4.17 Auch dieses Vorbringen überzeugt nicht. Die Versuche als solche sind, wie vorstehend erläutert, dazu geeignet, eine technische Wirkung gegenüber Dokument D4 zu belegen, ungeachtet dessen, ob gegebenenfalls auch andere Schlussfolgerungen gezogen werden können.

6.4.18 Somit wurde gezeigt, dass die Verwendung von Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von weniger als 1000 kg/mol in einer gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags definierten Zubereitung zu einer geringeren Röllchenbildung führt, als die Verwendung einer Hydroxypropylcellulose mit einer höheren Molekularmasse.

6.4.19 Die objektive zu lösende technische Aufgabe ist deshalb darin zu sehen, ausgehend von einem der Beispiele 7 oder 10 des Dokuments D4 eine gelförmige kosmetische Zubereitung bereitzustellen, die beim Verreiben auf der Haut zu einer geringeren Röllchenbildung führt.

Vorgeschlagene Lösung

6.4.20 Zur Lösung der technischen Aufgabe wird die Bereitstellung gelförmiger Zubereitungen gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen, die Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von kleiner als 1000 kg/mol enthalten.

Die Kammer ist davon überzeugt, dass die vorgeschlagene Maßnahme das gestellte technische Problem aus den vorstehend erläuterten Gründen zu lösen vermag.

Nicht-Naheliegen der vorgeschlagenen Lösung

6.4.21 Die Beschwerdeführerin argumentierte, die von ihr als Bereitstellung von Alternativen definierte technische Aufgabe werde lediglich in naheliegender Weise gelöst. Insbesondere sei dem Fachmann die Verwendung der genannten Hydroxypropylcellulosen bereits sowohl aus Dokument D4 selbst, als auch aus den Dokumenten D11, D13 und D10 bekannt.

6.4.22 Diese Argumentation ist nicht zielführend. Vielmehr ist für die Frage des Naheliegens der vorgeschlagenen Lösung die tatsächlich gelöste technische Aufgabe zu berücksichtigen. Diese ist jedoch in der Bereitstellung von hinsichtlich Röllchenbildung verbesserter Zubereitungen zu sehen.

6.4.23 Hierzu stellt die Kammer fest, dass zwar die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Dokumente D11, D13 und D10 Hydroxypropylcellulosen mit einer Molekularmasse von weniger als 1000 kg/mol offenbaren, die somit in den anspruchsgemäßen Bereich fallen (siehe D10: Beispiel 7; D11: Tabelle 1; D13: Beispiele auf den Seiten 16 bis 18 und Seite 7, Zeilen 5 bis 6). Jedoch wird in keinem der Dokumente auf einen Zusammenhang verwiesen zwischen der Verwendung dieser Verbindungen als Bestandteil gelförmiger kosmetischer Zubereitungen, und einer damit verbundenen Verringerung der nach Verreiben auftretenden Röllchenbildung. In den Dokumenten D10 und D11 wird dieses Problem nicht angesprochen. Zudem offenbart Dokument D10 im Beispiel 7 eine Zubereitung, die weder Ethanol noch einen der anspruchsgemäß genannten Fettalkohole enthält. Dokument D11 erwähnt zwar Nachteile der Hydroxypropylcellulose des Typs H mit einer Molekularmasse von 1150 kg/mol, jedoch lediglich hinsichtlich deren Neigung zu mit der Zeit auftretender Viskositätsverringerung. Im Dokument D13 wird zwar auf das Problem der Röllchenbildung verwiesen (siehe insbesondere die Zeilen 26 bis 30 der Seite 1), jedoch wird dort das Problem gelöst durch die Kombination eines Cellulosepolymers als Rheologieadditiv (z.B. eine Hydroxypropylcellulose mit einer Molekularmasse von 850 kg/mol) mit einem kationischen Polymer, insbesondere "Polyquaternium 37" (siehe die vorstehend genannten Beispiele). Das Dokument weist insbesondere darauf hin, dass die Neigung zur Röllchenbildung durch Kombination der beiden Substanzen verringert wird (siehe die Zeilen 10 bis 15 der Seite 7). Zudem wird explizit auf das zwingend vorhandene kationische Polymer als "anti-pilling agent" verwiesen (siehe Seite 7, Zeile 10 bis Seite 8, Zeile 5), nicht jedoch auf das Auftreten einer derartigen Wirkung durch Hydroxypropylcellulose. Im Dokument D4 schließlich werden keine Molekularmassen der vorgeschlagenen Hydroxypropylcellulosen angegeben (siehe Absatz [0035] und die Beispiele 1 bis 6).

6.4.24 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass dem Fachmann die Bereitstellung von Zubereitungen gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags ausgehend von Dokument D4 als nächstliegendem Stand der Technik, auch unter Berücksichtigung der weiteren herangezogenen Dokumente, zur Lösung der genannten technischen Aufgabe nicht nahgelegt wird.

6.5 Dokument D13 als nächstliegender Stand der Technik

Unterscheidungsmerkmal

6.5.1 Im Dokument D13 werden in den Beispielen "Inventive example 1" bis "Inventive Example 3" kosmetische Zubereitungen in Form von Gels offenbart (siehe die Seiten 16 bis 18). Diese Zubereitungen enthalten neben Ethanol ("Alkohol") verschiedene UV-Filter sowie "Klucel Hydroxypropyl-cellulose M". Hierbei handelt es sich um eine Hydroxy-propylcellulose mit einer Molekularmasse von 850 kg/mol (siehe Dokument D11, Seite 5). Die Zubereitung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags enthält im Gegensatz zu den Zubereitungen gemäß D13 wenigstens einen der drei Fettalkohole Cetylalkohol, Cetearylalkohol, Myristylalkohol. Dies war unstrittig zwischen den Parteien.

Technische Aufgabe

6.5.2 Im Streitpatent werden in der Tabelle des Absatzes [0041] zwei Zubereitungen offenbart, die sich lediglich darin unterscheiden, dass sie 5,00 m[%] Cetylalkohol enthalten (Zubereitung der linken Spalte), oder nicht (Zubereitung der rechten Spalte). Die erste Zubereitung ist daher anspruchsgemäß, die zweite nicht. Dies war ebenfalls unstrittig.

6.5.3 Gemäß Absatz [0042] des Streitpatents zeigt die Zubereitung mit Cetylalkohol im Gegensatz zur Zubereitung ohne Cetylalkohol keine Neigung zur Röllchenbildung. Die geringere Neigung zur Röllchenbildung wird somit durch das Unterscheidungsmerkmal der Anwesenheit von 5 Gew.-% Cetylalkohol hervorgerufen, also dem Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik D13. Auch dies war unstrittig.

6.5.4 Von der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, dass im herangezogenen Beispiel des Streitpatents lediglich einer der drei im Anspruch angeführten Fettalkohole verwendet werde. Jedoch werde nicht gezeigt, dass die beobachtete technische Wirkung auch unter Verwendung von Cetearylalkohol oder Myristylalkohol auftrete. Daher könne das tatsächlich gelöste technische Problem wiederum lediglich in der Bereitstellung von alternativen gelförmigen kosmetischen Zubereitungen gesehen werden.

6.5.5 Die Argumentation der Beschwerdeführerin überzeugt nicht, insbesondere nicht im Hinblick auf das Vorbringen der Beschwerdegegnerin. Diese verwies nämlich darauf, dass Cetearylalkohol neben Stearylalkohol auch Cetylalkohol enthalte, was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurde. Somit ist glaubhaft, dass für Cetarylalkohol eine mit Cetylalkohol vergleichbare Wirkung auftritt. Bezüglich Myristylalkohol hat die Beschwerdeführerin glaubhaft vorgetragen, keines der vorgelegten Dokumente deute darauf hin, dass die Verwendung von Myristylalkohol zu Inkompatibilität mit den anderen Bestandteilen der beanspruchten Zubereitung führe, oder dass dadurch sogar mit einer Verstärkung von Röllchenbildung zu rechnen sei. Die Kammer stellt zudem fest, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Argumente oder gar experimentelle Nachweise vorgebracht hat, warum die unter Verwendung von Cetylalkohol beobachtete technische Wirkung nicht auch für die anderen der genannten Fettalkohole auftreten sollte.

6.5.6 Die objektiv zu lösende technische Aufgabe ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D13 besteht somit darin, eine kosmetische Zubereitung bereitzustellen, die sich beim Verreiben auf der Haut durch eine geringere Röllchenbildung auszeichnet.

Vorgeschlagene Lösung

6.5.7 Zur Lösung der gestellten Aufgabe werden gemäß Hauptantrag Zubereitung vorgeschlagen, die einen oder mehrere der Fettalkohole Cetylalkohol, Cetearylalkohol, Myristylalkohol in einer Gesamtmenge von 2,5 bis 7,5 Gewichts-% enthalten.

6.5.8 Aus den vorstehend angeführten Gründen ist die Kammer davon überzeugt, dass die vorgeschlagene Lösung die genannte technische Aufgabe zu lösen vermag.

Nicht-Naheliegen der vorgeschlagenen Lösung

6.5.9 Von der Beschwerdegegnerin wurde nicht bestritten, dass die anspruchsgemäßen Fettalkohole Cetylalkohol, Cetearylalkohol, Myristylalkohol dem Fachmann bekannt sind, ebenso wie deren Verwendung in kosmetischen Zubereitungen (siehe die Beispiele 7 und 10 im Dokument D4). Jedoch wird dem Fachmann in keinem der angeführten Dokumente ein Hinweis darauf gegeben, dass die Zugabe dieser Fettalkohole zu den im Dokument D13 offenbarten Zubereitungen zu einer Verringerung der Röllchenbildung beim Verreiben derselben auf der Haut führt.

6.5.10 Somit beruht die Bereitstellung von Zubereitungen gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags ausgehend von Dokument D13 als nächstliegendem Stand der Technik dem Fachmann auch unter Berücksichtigung der weiteren angeführten Dokumente zur Lösung der gestellten technischen Aufgabe auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Unabhängige Ansprüche 2 und 3

6.6 Hinsichtlich der unabhängigen Ansprüche 2 und 3 des Hauptantrags wurden von keiner der beiden Parteien weitere Argumente vorgebracht. Die Feststellungen unter den Punkten 6.4.24 und 6.5.10 gelten aus folgenden Gründen auch für die Ansprüche 2 und 3 des vorliegenden Hauptantrags:

6.6.1 Anspruch 2 ist gerichtet auf ein Verfahren zur Reduzierung der Röllchenbildung beim Verreiben einer gelförmigen kosmetischen Zubereitung, die unter anderem Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von weniger als 1000 kg/mol enthält. Bei dem beanspruchten Verfahren werden der Zubereitung ein oder mehrere der Fettalkohole Cetylalkohol, Cetearylalkohol oder Myristylalkohol zugesetzt. Der beanspruchte Gegenstand unterscheidet sich daher von der Offenbarung der Dokumente D4 oder D13 jeweils zumindest durch dieselben Merkmale wie die Zubereitung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags. Daher beruht das Verfahren aus den zum Anspruch 1 angeführten Gründen ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

6.6.2 Anspruch 3 ist gerichtet auf die Verwendung eines oder mehrerer der Fettalhokole Cetylalkohol, Cetearylalkohol oder Myristylalkohol zur Reduzierung der Röllchenbildung beim Verreiben einer gelförmigen kosmetischen Zubereitung. Die Zubereitung enthält unter anderem Hydroxypropylcellulose mit einem Molekulargewicht von weniger als 10000 kg/mol. Der beanspruchte Gegenstand unterscheidet sich daher von der Offenbarung der Dokumente D4 oder D13 wiederum jeweils zumindest durch dieselben Merkmale wie die Zubereitung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags. Daher beruht die beanspruchte Verwendung aus den zum Anspruch 1 angeführten Gründen ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Zusammenfassung zum Hauptantrag

7. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass keiner der von der Beschwerdeführerin gegen die Gewährbarkeit des Hauptantrags vorgebrachten Gründe durchgreifend ist.

Weitere Anträge

8. Da keiner der vorgebrachten Gründe gegen die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Hauptantrags spricht, können die Hilfsanträge 1 bis 4 unberücksichtigt bleiben.

T 1603/20 07-11-2023 | Epo.org (2024)
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